Man nehme einen bunten Freundeskreis, vermischt diesen mit vielen verrückten Ideen, gibt einige große Herzen dazu, lässt alles auf einer Basis aus Transparenz und Nachhaltigkeit ruhen und gibt der ganzen Sache eine Brise Mut und bevor man sich umsieht, hat man ein Benefiziftar gezaubert, das dieses Jahr zum zehnten Mal seine Pforten für seine mehr als 100 Gastgeber öffnet, weil Gäste…Gäste ja, ne, da haben wir keine.
Im Fastenmonat Ramadan ist es guter Brauch sich gegenseitig zum Iftar (Fastenbrechen) einzuladen und gemeinsam das Fasten zu brechen. Der Prophet Muhammed sagt in einem Hadis (Hadis = Zitat von Mohammed):
„Wer einen Fastenden speist, bekommt denselben Lohn wie jener, ohne dass sich dessen Lohn dadurch verringert.“
(Hadis bei at-Tirmidhi)
Was ist aber wenn man jeden zum Gastgeber macht? Ganz einfach, dann ist jeder auch automatisch ein Gast des anderen. Klassische Win-Win-Situation. Mit diesem Gedanken haben wir 2009 im Kreis von ca. 15 Freunden unser erstes Benefiziftar in Mainz organisiert. Jeder Gastgeber hat in seiner Studentenbude etwas gekocht oder gebacken und mitgebracht. Im Laufe des Abends weckten erste Fotos auf Social Media die Neugier von anderen, die stießen dann zum Nachtisch dazu und am Ende waren wir auf einmal über 40 Leute. Im Fokus des Abends war aber nicht nur die Anwesenden an den Tisch zu bekommen sondern auch die denen es nicht so gut ging. Unsere erste Spendensumme damals ca. 670,-€. Das Benefiziftar hatte bereits nach einigen Tagen durch Mund zu Mund Propaganda und sozialen Medien einige Wellen geschlagen und es trudelten die ersten Nachrichten von Freunden und Freundesfreunden rein, die in etwa lauteten „Wieso wusste ich nichts davon“, „Wenn ich nächstes Jahr nicht eingeladen werde, dann…“ oder „Wenn ihr mich einlädt koche ich auch mein berühmtes…“.
Mit so viel positiver Resonanz hatten wir natürlich nicht gerechnet und mussten dann auch im darauf folgenden Jahr ein weiteres Benefiziftar organisieren und aufgrund der vielen Zusagen auch die Location wechseln. Aus ursprünglich 15 Gastgebern wurden im zweiten Jahr 80. 2017 waren es dann über 120. Die Plastikteller und das Plastikbesteck mussten dann auch weichen, stattdessen wurden Eltern und Verwandte gefragt, ob sie noch Besteck und Geschirr über haben, das sie nicht mehr brauchen. Als Studenten mussten wir eben die Kosten gering halten und als Erdbewohner zugleich auch den grünen Fingerabdruck minimieren. Das Ende vom Lied war ein Kellerabteil in unserem Studentenwohnheim, das voller Geschirr und Besteck war – jedes Teil unterschiedlicher als das nächste, so wie unsere Gästeliste….. das war unsere damalige Schatzkammer. Beim Decken der Tische wurde dann besonders darauf Wert gelegt, dass der Suppenteller nicht zum Teller drunter passt, weil Unterschiedliches eben zusammengehört. Unser Iftar sollte auch nicht integrativ sein, sondern repräsentativ. Hier galt es nicht ein politisches Statement zu setzen sondern mit unseren Freunden und Freundesfreunden gemeinsam einen schönen Abend aufzustellen und dabei anderen zu helfen. Längst sind Familien, Freundeskreise oder auch Nachbarschaften bunt gemischt, so wie unser Buffet, welches jedes Jahr auch unsere Zusammensetzung wiederspiegelt. Neben türkischen Manti finden sich marokkanische Briouats, bosnisches Burek, koreanisches Tteokbokki, vietnamesische Sommerrollen, indisches Paneer Tikka aber auch exotische Sachen für ein Iftarbuffet wie zum Beispiel Spundekäs findet man bei uns.
Die Schatzkammer wurde beim Auszug aus dem Wohnheim zwar per Flohmarkt aufgelöst und die Erlöse der Flüchtlingshilfe gespendet, aber die bunte Gastgeberliste und das buntere Buffet sind geblieben. Egal welches Alter, Geschlecht, Farbe, Orientierung oder Religion, alle sind willkommen, die den Sinn des Abends verstehen und durch gemeinsames Anpacken vielleicht nicht die Welt verändern, aber jemandem der irgendwo auf der Welt Hunger oder Not leidet ein Lächeln schenken wollen.
Die Spenden selbst werden jedes Jahr zu 100% weitergegeben. Die Kosten des Abends teilen wir meistens unter uns auf. Die Spenden werden zwar anonym getätigt, aber öffentlich ausgezählt und der Spendenerfolg des Abends stets gegen Mitternacht öffentlich kommuniziert. Die Spenden gehen dann wie jedes Jahr zu unterschiedlichen Teilen an eine lokal tätige und an eine global tätige Hilfsorganisation, die uns dann den Empfang noch bestätigt. Transparenz ist eben ein Muss. Neben Transparenz legen wir aber auch Wert auf Nachhaltigkeit und animieren die neuen Spender lieber nachhaltigere Waisenpatenschaften oder Daueraufträge zu starten statt eine einmalige großen Spende zu tätigen. Unter den Spendenempfängern finden sich daher neben Islamic Relief Deutschland und Aktion Deutschland Hilft auch die DKMS und das Kinderhospiz Bärenherz Wiesbaden.
Und wer jetzt Luft bekommen hat auf dieses Iftar, der ist gerne eingeladen….als Gastgeber.
Euer Benefiziftar Mainz Team
Bildquelle: privat