„Alle Nachrichten sind Lügen und jede Form von Propaganda kleidet sich in eine Nachricht“
Willi Münzenberg (Deutscher Verleger, 1940 auf der Flucht vor den Nazis ermordet)

Die Geschichte der Propaganda ist wohl so alt wie die Geschichte der Zwietracht zwischen den Menschen. Eines der ersten überlieferten Beispiele wirksamer Propaganda ist ohne Zweifel Julius Caesars achtbändige Niederschrift „De bello Gallico“ der dessen Feldzüge nördlich der Alpen in einer Art und Weise heroisierte, die angetan war, seine Herrschaft über das römische Imperium gegenüber Volk und Senat zu festigten.
Im 16. Jahrhundert startete der Vatikan eine Gegenbewegung zur Reformation mit einer eigens dazu geschaffenen Institution namens „Sacra Congregatio de Propaganda fide“, was sozusagen dem ersten Propagandaministerium der Geschichte entsprach. Dessen Erfolg in Europa war zwar marginal, immerhin konnte eine weitere Ausbreitung des Protestantismus verhindert werden, aber in ihrem erweiterten Aufgabengebiet, der Missionierung der neu erschlossenen Gebiete in Amerika und Asien, war sie um so erfolgreicher.
Einige Zeit später im 18. Jahrhundert war nicht vor allem die Untergrundarbeit der Jakobiner im „Club de Propagande“ ab 1790 im großem Umfang mitverantwortlich, bei der Bevölkerung die ohnehin schon unbeliebte Königsfamilie weiter zu diskreditieren. Der berühmt gewordene Satz Marie Antoinettes, „wenn das Volk kein Brot habe, solle es eben Kuchen essen“ entstammt dieser Ideenschmiede im Dienst der Revolution.
Spätestens ab diesem Ereignis, durch das, in der größten Kontinentalmacht Europas die vorherrschende Ordnung vollständig hinweg gefegt wurde, war die enorme Wucht einer kanalisierten öffentlichen Meinung durch gezielte Propaganda offenkundig.
Bereits wenige Jahre später nutzte Napoleon Bonaparte die ganze Klaviatur jener Instrumente, um seinen missratenen Ägyptenfeldzug in der Heimat als Erfolg zu verkaufen und sich daraufhin als Konsul auf Lebenszeit und wenig später als Kaiser krönen zu lassen. Obwohl letztlich gescheitert und für den Tod Hunderttausender verantwortlich, genießt Kaiser Napoleon bis heute in weiten Teilen der Bevölkerung Frankreichs geradezu die Verehrung eines Heiligen.
Bereits im ersten Weltkrieg nutzten alle Seiten die Wirkung ihrer staatlichen Propagandabüros und Agenturen. So versuchte die deutsche Reichsregierung mit Hilfe ihres osmanischen Verbündeten im nahen Osten einen Dschihad, also einen heiligen Krieg gegen die Alliierten zu entfachen. Das Vorhaben scheiterte nicht zuletzt jedoch daran, dass Großbritannien und Frankreich den Arabern in jenen Gebieten im Gegenzug für die Zeit nach dem Krieg weitestgehende Autonomie zusicherten. Auf deutscher Seite führte die Niederlage im ersten Weltkrieg dann auch auf geradem Weg in die Nazi-Diktatur und zu nicht für möglich gehaltenen Erfolgen des neu gegründeten Propagandaministeriums unter Joseph Goebbels.
Zunächst wurde hier die Etablierung des Regimes manifestiert, um dann sofort und immer deutlicher die Ausgrenzung der jüdischen Staatsbürger voran zu treiben. Dies gipfelte dann in den diskriminierenden Rassegesetzen von 1936 und dann fast zwangsläufig im Holocaust am jüdischen Volk. Auch im sich entfachenden zweiten Weltkrieg wurde die Propaganda mehr und mehr zur tragenden Säule des Regimes. Zunächst versuchte man die Schuld für die Überfälle und Einmärsche in allen möglichen Länder dem jeweiligen Gegner in die Schuhe zu schieben, um dann später, als das Kriegsglück sich gewendet hatte, auch weiterhin Sieg um Sieg zu verkünden bis die Russen schließlich vor Berlin und die Engländer und Amerikaner an Rhein und Ruhr standen.
Von den 7 Millionen Kriegstoten Deutschlands fielen 1944/45 also zu einem Zeitpunkt als auch dem letzten Volksgenossen klar geworden sein musste, dass der Krieg verloren war, noch mit 5 Millionen Toten, fast zwei Drittel in einem aussichtslosen Ausharren.
Im folgenden kalten Krieg zwischen den entstehenden Machtblöcken war die Propaganda erstmals auf beiden Seiten des eisernen Vorhangs vorherrschendes Mittel zur Desinformation des Gegners und der Vereinnahmung der eigenen Bevölkerung.
Dieser Mix hilft den Machtinteressen der einzelnen Mächte auch heute noch bei der Verschleierung eigener Ansprüche, wie sich in aller Deutlichkeit im derzeitigen Konflikt in Syrien zeigt. Keiner der Protagonisten deckt seine Karten wirklich auf. Es gibt keine klar definierten Kriegsziele und eigentlich sind alle Protagonisten ja eigentlich nur dort um Schlimmeres zu verhindern, während sie den Menschen dort andauernd immer Furchtbareres zumuten. Es scheint als würde der Konflikt dort nur ein Ende finden wenn die öffentliche Meinung sowohl in Russland und der Türkei, im Iran, in Israel, in den USA, in Saudi-Arabien und in der EU endlich kippt. Ob dieser Punkt jemals erreicht wird scheint fraglich.
Die Mächtigen wenden sich derweil schon wieder anderen Schauplätzen zu, denn im Kampf um die öffentliche Meinung scheint jedes Mittel recht und auch wenn sich die Propagandamaschinen in Zeiten von Twitter und Facebook zu neuen Höchstleistungen aufschwingen, gelingt es kaum mehr dem gemeinen Bürger klar zu machen, welche Einzelschicksale hinter den Millionen Syrern stecken, die täglich direkt oder indirekt zu Opfern dieses blutigen Spieles der Nachrichtendienste werden. Wenn die Heckenschere nichts nützt um die Komplexität dieser Schicksale zu beleuchten, setzt man halt an anderer Stelle das Skalpell an, um zu vereinnahmen und zu polarisieren. Dies zeigt in aller Deutlichkeit der Fall des in London lebenden Exilrussen Sergej Skripal und seiner Tochter. Während der britischen Regierung offensichtlich jedes Mittel zu nutzen bereit ist, um von ihrer Zerstrittenheit und dem Brexit-Dilemma abzulenken, nutzen die USA und die EU das Schicksal des vergifteten Doppelagenten um ihren gemeinsamen Gegner im Ukrainekonflikt in der Weltöffentlichkeit zu diskreditieren. Dieser hingegen feuert nach allen Regeln der Kunst der ehemaligen KGB-Abteilung Dezinformatya zurück. Mit Recht sollten mündige Bürger allerorten fragen, wozu der Kreml 2016 ein Gesetz erließ, nachdem die Liquidierung von Überläufern und Hochverrätern auch im Ausland legitim ist, wenn man nicht vor hat, davon Gebrauch zu machen. Mit Recht sollten sich verantwortliche Politiker der westlichen Hemisphäre, allen voran der deutsche Außenminister Heiko Maas, bis vor kurzem noch als Justizminister oberster Rechtsgelehrter unseres Landes, wie es mit dem allgemein gültigen Rechtsgrundsatz „In dubio pro reo“ bestellt ist und mit Recht sollten die gleichen mündigen Bürger sich fragen, ob das britische Außenamt unter Boris Johnson wirklich zu einer solchen Karikatur verkommen ist, die den Zeiten der durch das britische Empire entworfenen Kunst der hohen Diplomatie nur noch spottet. Es bleibt dem Autor wie auch dem Leser bisweilen nur übrig sich eines Zitates von Hyram Johnson zu erinnern: „Das erste Opfer jeden Konfliktes, ist immer die Wahrheit!“

 

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